Sehr sympathischer Spukhausfilm

• USA 2011
• Regie: Ti West
• Laufzeit: 101 Minuten
Handlung: Das altehrwürdige Yankee Pedlar Inn soll geschlossen werden. Die Angestellten Claire und Luke müssen nur noch ein Wochenende lang die Rezeption betreuen. Da nicht viel los ist, haben die beiden jede Menge Zeit totzuschlagen. Die junge Claire lässt sich leicht für das Hobby des etwas sarkastischen Luke begeistern: „Paranormale Forschung“. Die beiden versuchen, alten Geheimnissen auf die Spur zu kommen und mit Video- und Tonbandaufnahmen die angeblichen Geistererscheinungen festzuhalten.
Besprechung: Claire (Sara Paxton) und Luke (Pat Healy) sind zwei Figuren, die viel eher in einen britischen, als in einen US-amerikanischen Film
passen. Die beiden ambitionslosen, aber nicht völlig schlaffen Hotelangestellten wirken gleichzeitig liebenswert und etwas nervig, dabei extrem glaubhaft und unglamourös. Die gut geschriebenen
und gespielten Charaktere könnten aus dem echten Leben stammen und verleihen dem Film eine besondere emotionale Bodenhaftung. Auch funktioniert die Chemie zwischen der jungen, einerseits naiven,
andererseits aber auch erstaunlich mutigen Claire und dem älteren, sich abgebrüht gebenden, aber ängstlichen Luke. Die beiden können den Film allein tragen. Das ist auch gut so, denn es gibt nur
wenige andere Darsteller*innen und auch nur wenige Settings, in diesem Film, der gerade mal 750.000 Dollar gekostet hat.
Ti West, der später mit der „X“-Trilogie bekannt wurde, gelingt hier dank der Darsteller*innen, des stimmungsvollen Schauplatzes und der im Prinzip traditionellen Herangehensweise ein
ungewöhnlich sympathischer Geisterhausfilm. Eine Stärke der Inszenierung ist auch das Nebeneinander von Humor und Grusel, Leichtfüßigkeit und einem Hauch Tragik. Als starke Unterstützung wirkt
dabei der Score von Jeff Grace, der sehr zur klassischen Stimmung des Films beiträgt, der gleichzeitig durch seine Figuren neu und frisch wirkt.
Leider hat „The Innkeepers“ in meinen Augen
keinen guten Fluss und ist vermutlich auch gut 15 Minuten zu lang. Zunächst dauert es eine Weile, bis der Film erste unheimliche Momente präsentiert, dann mäandert er bis zum Finale eher herum.
Anders gesagt: Die Bedrohung spitzt sich nicht kontinuierlich zu, sondern wird von den Protagonist*innen recht wechselhaft mal ernster, mal weniger ernst genommen. Das überträgt sich meines
Erachtens und verhindert, dass der Film sein Potenzial ausschöpft. Auch haben die jumpscares bei mir nicht funktioniert, was an meiner Seherfahrung liegen mag, vielleicht aber auch am Timing. Als
Freund von Geisterfilmen möchte ich auch noch bemängeln, dass die Geistergeschichte hier eher beliebig wirkt und kein psychologisches Fundament hat, wie die großen Vertreter des Genres.
Dennoch ist das ein empfehlenswerter Film, gerade für Gruseleinsteiger*innen und Menschen, die kaum Horrorfilme gucken. Nicht wenige Zuschauer*innen dürften einige Sequenzen in „The Innkeepers“
als erstaunlich gruselig wahrnehmen. Dabei helfen vor allem die glaubwürdigen und sympathischen Charaktere sowie die an klassischen Vorbildern geschulte Atmosphäre, die mehr auf Vorstellungskraft
als auf wildes Geisterbahnkino setzt. Ein angenehmer Film, der mich am Ende überraschenderweise auch etwas melancholisch zurückgelassen hat.
Trivia: Während Ti West und seine Crew 2009 den Film „The House oft he Devil“ drehten, verbrachten sie einige Nächte im „Yankee Pedlar Inn“ in
Torrington, Connecticut. Manche hatten dort merkwürdige Erlebnisse und erfuhren vom Personal, dass es in dem Hotel spuken soll. Das inspirierte West zum Schreiben des Drehbuchs für „The
Innkeepers“, den er dann schließlich auch tatsächlich im „Yankee Pedlar Inn“ drehte.
Der Film wirkte bereits 2011 ein wenig aus der Zeit gefallen. Zum einen nutzt kein Charakter im Film ein Mobiltelefon, zum anderen entspricht die von Luke programmierte Website über angebliche
Geistererscheinungen im Hotel nicht den damaligen Standards, sondern erinnert an deutlich ältere Websites.
In einer winzigen Nebelrolle als Barista ist hier Lena Dunham zu bewundern, die mit ihrer Fernsehserie „Girls“ bekannt wurde und als Schauspielerin, Regisseurin, Produzentin, Drehbuchautorin und
Schriftstellerin längst eine (durchaus auch umstrittene) feministische Ikone ist.
Die Szene, in der eine Taste auf dem Flügel von Geisterhand betätigt wird, ist eine Referenz an den großartigen Geisterfilm „The Changeling“.
IMDB: 5.5 von 10
Letterboxd-Rating: 2.9 von 5
Hopsy-Rating: 3 von 5
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