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The Devil‘s Backbone

Sensibles Horrordrama im spanischen Bürgerkrieg

 

Spanien, Mexico 2001

 Regie: Guillermo del Torro                 

 Laufzeit: 108 Minuten

 

Handlung: Spanien im Jahr 1939. In den letzten Tagen des Bürgerkriegs, kurz vor der Machtübernahme durch die faschistischen Frankisten, wird der kleine Carlos in ein einsam im Nirgendwo stehendes Waisenhaus gebracht. Dort trifft er auf freundliche und weniger freundliche Jungen, und auf eine gespenstische Präsenz, die an ein ungesühntes Verbrechen erinnern will.

 

Besprechung: Ästhetisch hochwertiger Film in dezenter Sepia-Optik, der mehr Drama als Horror ist. Der Geister-Part ließe sich herausnehmen, ohne dass die Handlung darunter stark leiden würde. Das heißt nicht, dass das Gespenstische dem Film nicht eine eigene Aura verleihen würde, es ist nur eben nicht zwingend nötig. Für ein vollwertiges Drama sind die Figuren allerdings nicht tief genug gezeichnet. Sowohl die Waisenjungen als auch die Betreiber*innen und Angestellten des Waisenhauses liegen in der Darstellungsweise zwischen U und E. Das heißt, sie sind durchaus interessant, haben aber auch etwas Comichaftes. Auch das Kriegsszenario ist gleichermaßen bedrückend realistisch und pittoresk märchenhaft, was dem Film eine entrückte Atmosphäre verleiht.

Fernando Tielve, der den Jungen Carlos spielt, ist sehr wahrscheinlich der unerfahrenste und unbekannteste Schauspieler im Cast, aber er macht seine Sache sehr gut und schafft es, eine glaubwürdige und sympathische Identifikationsfigur inmitten der beschädigten Erwachsenen zu verkörpern. Überhaupt ist es dem Film hoch anzurechnen, dass seine Kindercharaktere nicht plakativ oder gekünstelt wirken. Sie fügen sich wirklich gut in ein Geschehen ein, dass im letzten Drittel noch mal an Spannung und Tempo gewinnt. Beim aktuellen Wiedergucken des Films, den ich zuletzt vor etwa zehn Jahren gesehen habe, musste ich feststellen, dass mir nur eine einzige Szene des Films in Erinnerung geblieben war: eine eindrucksvoll unangenehme Sexszene, in der die Komplexität der Beziehung von drei Figuren des Films kulminiert.  

„The Devil’s Backbone“ ist ein in meinen Augen etwas behäbiges, aber insgesamt durchaus sehenswertes Geister-Kriegs-Drama mit einer ungemütlichen Atmosphäre und ein paar gut heraus gearbeiteten unheimlichen Momenten. Die weit überdurchschnittlichen Bewertungen bei IMDB und letterboxd sowie etliche gute Kritiken zeigen, dass viele den Film (noch) besser finden als ich. Ich bin auch durchaus positiv angetan, aber im Lob etwas verhaltener. Vielleicht auch, weil Regisseur Guillermo del Torro fünf Jahre später die Themen „spanischer Bürgerkrieg“ und „Übersinnliches“ in seinem Klassiker „Pan’s Labyrinth“ noch einmal packender und zwingender zusammenbrachte.

 

Trivia: Del Torro sieht „The Devil’s Backbone“ und „Pan’s Labyrinth“ als Geschwister, wobei er ersteren als „Bruder“ und zweiteren als „Schwester“ bezeichnete, was vor allem an den jeweiligen Hauptfiguren liegen dürfte. Beim Geisterdesign ließ er sich von ihn beeindruckenden japanischen Horrorfilmen wie „Ju-On“ (2000) und „Ringu“ (1998) inspirieren. Eine weitere Inspirationsquelle für del Torro war die spanische Comicserie „Paracuellos“ von Carlos Giménez. Darüber hinaus wurde der Regisseur vor allem durch seine eigenen Erlebnisse und Erinnerungen inspiriert, vor allem durch die Beziehung zu seinem Onkel, der nach seinem Tod als Geist erschienen sein soll.

Eine erste Drehbuchfassung zu diesem Film schrieb del Torro bereits an der Filmhochschule. In dieser Version spielt die Geschichte noch während der mexikanischen Revolution (1910 – 1917) und der Name „The Devil’s Backbone“ sollte sich auf einen mexikanischen Gebirgszug beziehen. Als die Geschichte schließlich in den spanischen Bürgerkrieg verlegt wurde, behielt del Torro den Titel bei und erklärte ihn nun mit der Neuralrohrfehlbildung spina bifida, die in einer Szene des Films erwähnt wird. Es geht darin um einen Glasbehälter mit einem konservierten Fötus, der an diesem „Teufels Rückgrat“ litt. Die Flüssigkeit im Behälter bezeichnet ein Arzt als Limbus-Wasser, da ungetaufte Kinder nach katholischer Vorstellung ins Fegefeuer, den Limbus, kommen. Diese Vorstellung einer Vorhölle hat Papst Benedikt der XVI. übrigens als theologisch unzulässig erklärt.

 

IMDB: 7.4 von 10

Letterboxd-Rating: 3.8 von 5                                                                                                      

Hopsy-Rating: 3 von 5

 

 

 

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