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Blood & Sinners

Südstaaten-Vampire im Blues-Schuppen

USA 2025

 Regie: Ryan Coogler                 

 Laufzeit: 138 Minuten

 

Handlung: Südstaaten 1932. Die Zwillinge Smoke und Stack kehren ins ländliche Mississippi zurück. Die Sklaverei ist zwar abgeschafft, aber die meisten Schwarzen pflücken als arme Kleinpächter weiterhin Baumwolle auf den Feldern. Die Zwillinge wollen nach einigen kriminellen Umtrieben in Chicago nun in ihrer alten Heimat einen „juke joint“ eröffnen: eine Spelunke für Musik, scharfe Getränke und Tanz. Dazu heuern sie Blues-Musiker wie den jungen Priestersohn Sammie und die trunksüchtige Legende „Delta Slim“ an.  Allerdings taucht in der Eröffnungs-Nacht auch eine kleine Gruppe von Weißen auf. Die drei Musiker geben sich friedlich und wollen nur mitfeiern. Doch da ist dieses dämonische Leuchten in ihren Augen.

 

Besprechung: Ryan Coogler inszeniert nach Filmen wie „Creed“ oder „Black Panther“ sein erstes Horror-Epos als Liebeserklärung an den Blues und die schwarze Bevölkerung der ländlichen Südstaaten. Dazu steht ihm ein großartiger Cast zur Verfügung: Michael B. Jordan spielt in einer Doppelrolle sowohl Smoke als auch Stack, Miles Claton sammelt Sympathien als Sammie, und Wunmi Mosaku verkörpert Power und Sinnlichkeit auf völlig eigenständige Weise. Auch Delroy Lindo als versoffene Blues-Legende Delta Slim und Hailee Steinfeld als femme fatale wider Willen bleiben in Erinnerung. Überhaupt ist der Film bis in die kleinsten Nebenrollen hinein passend und charismatisch besetzt.

Die zweite Stärke von „Blood & Sinners“ ist die Musik, die neben dem tollen Score von Ludwig Göransson natürlich jede Menge schweißtreibenden Blues enthält. Selbst wenn man sonst mit dieser Musikrichtung nicht so viel anfangen kann: Hier dürfte es schwerfallen, nicht zumindest hin und wieder mit dem Fuß mitzuwippen. Zu gut passen die Darsteller, das Setting und der toll ausgewählte Soundtrack zusammen. Die Tanz- und Musikszenen im „Juke Joint“ gehören zu den Highlights des Films und lohnen absolut den Kinobesuch, da hier Bild und Sound noch einmal eine andere Qualität haben: Vor allem die Sequenz, in der Coogler den Mut hat Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft „schwarzer Musik“ in einer eindrucksvollen Montage zusammenzuführen und so die Grenzen der Zeit filmisch erweitert.

„Blood & Sinners“ lässt sich viel Zeit lässt, bevor er die Vampire im zweiten Akt vor dem Tanzschuppen auftauchen lässt. Dank der charismatischen Charaktere habe ich mich allerdings nie gelangweilt. Der dritte Akt bietet dann allerdings nicht die exzessive Katharsis, die man bei dem langsamen Aufbau erwartet hätte. Dafür gibt es noch ein zweites blutiges Ende und einen Epilog. Das ist womöglich des Guten etwas zu viel, und gen Ende hat man den Eindruck, dass sich der Film in seinen eigenen Ambitionen ein wenig verheddert. Es ist eine starke Idee, Vampire einmal als Weiße darzustellen, die früher den Schwarzen die Lebensenergie für unbezahlte Arbeit ausgesogen haben, und sich nun an ihrer Kultur bereichern wollen. Aber ist kulturelle Aneignung wirklich etwas Bösartiges? Der irische Obervampir sagt an einer Stelle des Films: „Wir wollen eure Geschichten. Eure Lieder. Und wir geben euch unsere. Wir sind eine Familie.“ Klingt das wirklich so schlecht? Für die Schwarzen im Film offensichtlich schon. Und wer will es ihnen heutzutage verdenken, wo sich schon zu oft hinter „wir sind doch alle gleich!“ nur neue Formen der Diskriminierung versteckt haben? Egal wie tief man in die Interpretation von „Blood & Sinners“ einsteigt – ein sehenswerter und besonderer Film ist das allemal, auch wenn der dritte Akt einem „From Dusk till Dawn“ leider nicht das Wasser reichen kann.

 

Trivia: Der englische Originaltitel des Films lautet „Sinners“.

Der Film wurde größtenteils auf 65 mm gedreht. Dabei wurde Coogler von Christopher Nolan und Emma Thomas unterstützt.

Ryan Coogler nannte als Einflüsse Filme wie „From Dusk till Dawn“ (1996) und „The Faculty“ (1998), aber auch den Stephen King Roman „Brennen muss Salem“ und eine Episode der TV-Reihe „Twilight Zone“, nämlich „The Last Rites of Jeff Myrtlebank“. In einem Interview sagte Coogler, dass er in Bezug auf den Rhythmus des Films die Einfachheit und gleichzeitig tiefgründige Natur eines Delta-Blues-Songs haben wollte, aber auch den Kontrast, Variantenreichtum und die Unausweichlichkeit eines großen Metallica-Songs wie „One“.

Die Ureinwohner im Film gehören zum Stamm der Choctaw, die eine lange Geschichte der Kooperation mit irischen Siedlern hatten und sogar Geld nach Irland spendeten, als dort die Hungersnot viele Opfer forderte. Die Choctaw hatten zuvor während der Zwangsumsiedlung durch Weiße im sogenannten Trail of Tears selbst lebensbedrohlichen Hunger kennengelernt.

Am Ende versteckt sich eine Referenz auf den Horrorfilm „Candyman“, der am 16. Oktober 1992 in die Kinos kam und eine weiße Doktorandin in ein Schwarzen-Ghetto führt.

 

IMDB: 8.2 von 10

Letterboxd-Rating: 4.3 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3.5 von 5

 

 

 

 

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