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Das Haus auf dem Geisterhügel

Charmant-altbackener Gruselkrimi

 USA 1959  

 Regie: William Castle                      

 Laufzeit: 75 Minuten

 

Handlung: Fünf Fremde werden vom Millionär Frederic Loren in ein Spukhaus eingeladen. Wer die Nacht darin übersteht, soll 10.000 Dollar erhalten (die damals mindestens den zehnfachen Wert von heute hatten). Das Haus auf dem Geisterhügel hat allerdings einen üblen Leumund, denn hier sollen schon einige außergewöhnliche Morde begangen worden sein. Punkt Mitternacht verlässt die Dienerschaft das Anwesen, das nun bis zum Morgengrauen komplett abgeriegelt ist.

 

Besprechung: Die Prämisse ist sehr unterhaltsam: Vincent Price lädt als undurchsichtiger Millionär zu einer Party fünf Menschen ein, die einfach das Geld brauchen. Ort des Geschehens ist ein regelrechter Spukbunker, der innen wie außen eine recht spezielle Ästhetik aufweist. Hier soll es angeblich so gruselig zugehen, dass die 10.000 Dollar kein leicht verdientes Geld sind. Mit im Gebäude befindet sich die schöne und ebenfalls undurchsichtige Frau des Millionärs (Carol Ohmart), die ihrem Mann in einer Art Hassliebe verbunden zu sein scheint. Bald schon beginnt man zu rätseln, wer hier was im Schilde führt und ob es sich bei den geisterhaften Erscheinungen um echten Spuk oder Mummenschanz handelt. Diese Mischung aus Murder Party, Cluedo und Geisterbahn muss damals so neu wie aufregend gewesen sein und hat allein deswegen einen festen Platz in der Geschichte des Horrorfilms verdient.

Eine reinrassige Horrorkomödie ist „Das Haus auf dem Geisterhügel“ nicht, denn der Film zielt nicht auf Lacher oder Schenkelklopfer ab. Die humoristische Note entsteht dadurch, dass der Film sich nicht ernst nimmt und eine selbstironische Leichtfüßigkeit knapp an der Grenze zur Horrorfilm-Parodie hat. Letztlich setzt er aber durchaus auf Grusel und Schockeffekte. Letztere wirken heutzutage natürlich harmlos, dürften damals aber im Kino für Geschrei gesorgt haben. Vor allem ab dem Zeitpunkt, ab dem Regisseur William Castle eines seiner berüchtigten Gimmicks aufs Publikum losließ – in diesem Fall ein über die Köpfe der Zuschauer durch den Kinosaal fliegendes Skelett.

Aus heutiger Sicht ist der Film wegen der Idee, des Settings und des diabolischen Charmes von Vincent Price noch immer sehenswert, wirkt aber recht statisch. Zu oft stehen Menschen einfach nur rum und unterhalten sich. Mehr Bewegung hätte einem Film wie diesem gutgetan. Vor allem, da gerade in der zweiten Hälfte, die immer gleichen Räume für ein wenig optische Ermüdung sorgen. Auch sind die Charaktere und ihre Darsteller zwar allesamt okay, aber interessantere Eigenheiten, Dynamiken und Dialoge hätten dem Film sicher nicht geschadet. Trotz einer knackigen Spielzeit von 75 Minuten wirkt der Film manchmal etwas behäbig. Allerdings sind Musik und Soundeffekte stark und tragen zu der ohnehin durchgängig überzeugenden Atmosphäre dieses wohlige Schauer verbreitenden Gruselkrimis bei. Ein inspiriertes kleines B-Movie, dessen einzelne Zutaten etwas besser sind als das finale Ergebnis.

 

Trivia: Der Film war ein großer Erfolg. Bei einem Budget von mutmaßlich 200.000 Dollar spielte der Film 2.5 Millionen Dollar ein. Hitchcock soll durch diesen Film zu seinem recht kostengünstigen Horrorklassiker „Psycho“ (zusätzlich) motiviert worden sein.

Für die Außenaufnahmen des Spukhauses nutzte man das Ennis House in der Glendower Avenue in Los Feliz (Los Angeles). Der berühmte (Innen-)Architekt und Schriftsteller Frank Lloyd Wright entwarf den krassen Kasten für das Ehepaar Charles und Mable Ennis.   

Während der amerikanische Originaltitel „House on Haunted Hill“ lautete, wurde der Film in Deutschland teilweise auch als „Die sieben Särge des Dr. Horror“ vermarktet.

Der Skelett-Gimmick wurde von Castle „Emergo“ genannt, weil das Plastikskelett aus einer schwarzen Box im Kino hervorgezogen wurde, um leuchtend über die Köpfe der Zuschauer zu schweben. Einige Kinos ließen den Knochenmann bald in der Box, denn an manchen Orten brachten Rowdys Steinschleudern mit ins Kino, um auf das Skelett zu schießen.

Im Film sagt Frederick Loren (Vincent Price) etwa bei Minute 32 „It’s close to midnight, Lance“. Der Satz wurde später (ohne das „Lance“) von Price für Michael Jacksons berühmtes Musikvideo „Thriller“ noch einmal eingesprochen.

 

IMDB: 6.7 von 10

Letterboxd-Rating: 3.4 von 5                                                                                                      

Neft-Rating: 3.5 von 5

 

// HOPSYS GEDANKEN

 

40 Jahre später drehte William Malone ein Remake, das im englischsprachigen Raum den gleichen Titel trug wie das Original „House on Haunted Hill“, in Deutschland aber als „Haunted Hill“ in die Kinos kam. Ich finde die Neuauflage ziemlich gelungen. Außerdem kann man an ihr gut den Wandel der Sehgewohnheiten im Laufe der Jahrzehnte betrachten. Nach einem Drehbuch von Dick Beebe hat Regisseur Malone einen Film gedreht, der die von Robb White geschriebene Vorlage ernst nimmt, aber die Geschichte stark genug variiert, um überraschen zu können. Auch das 1999er „House on Haunted Hill“ setzt auf echten Grusel und Schockeffekte und stellt gleichzeitig seine humoristische Note weniger durch Gags als durch eine ironische Haltung zum Horrorgenre aus, vor allem durch  stereotypes Overacting der Akteure. Gleichzeitig bietet der Film deutlich mehr Schauwerte, Effekte und auch Blut und Gewalt als das Original. Bereits in der Eröffnungssequenz nach dem Vorspann sieht man mehr Brutalität als im gesamten Film von 1959. Auch gibt es nackte Haut und Anzüglichkeiten, die mittlerweile allerdings nicht mehr rundum den Test der politischen Korrektheit bestehen. Zu seiner Zeit erhielt das Remake eher schlechte Kritiken, lief aber gut an den Kinokassen. Ich denke, dass man im Rückblick den Modernisierungsversuch positiver sieht, auch wenn Geoffrey Rush kein Vincent Price ist, die Logik sehr löchrig daherkommt und der Charme des Originals nicht erreicht wird. Denn dazu ist die Ästhetik etwas zu steril und aus anderen Horrorfilmen (wie z.B. „Hellraiser“) zusammengestellt. Ich finde auch, dass der Trupp an „Partygästen“ ein bisschen die liebenswürdige Vornehmheit vermissen lässt, die in den späten 1950ern noch selbstverständlicher war.


Zusammengefasst kann man sagen:
Im Remake von 1999
• wird deutlich mehr Gewalt und Splatter on screen gezeigt
• gibt es Szenen mit vielen schnellen Schnitten
• hat die Anzahl an (Computer-)Effekten deutlich zugenommen
• wird mehr Bewegung gezeigt und weniger an ein Theaterstück erinnert
• wird offen über Sexuelles gesprochen und gewitzelt
• wird zumindest ein wenig auf ethnische diversity geachtet
• agieren die Charaktere weniger bürgerlich-vornehm
• zeigt sich die weibliche Heldin (Ali Larter) selbstwirksamer und weniger auf männliche Hilfe angewiesen


Man kann daran ablesen, wie die Toleranz gegenüber blutrünstigen Darstellungen beim Kinopublikum und den Kritiker*innen im Lauf von 40 Jahren sich deutlich erhöht hat. Auch die Sexualisierung ist eine andere. Beides dürfte einerseits mit Gewöhnung und andererseits mit den Auswirkungen der „1968er“ zu tun haben, die unter anderem für die Idee stehen, dass der Faschismus mit freizügiger Sexualität, dem Übertreten von gesellschaftlichen Grenzen und dem Aussprechen/Darstellen von geschmacklosen Inhalten begegnet werden kann und muss. Dass dieser sich als antiautoritär und emanzipatorisch verstehende Zeitgeist selbst durchaus autoritäre Züge tragen konnte und die Emanzipation vor allem die männliche Lust favorisierte, soll hier nicht unerwähnt bleiben. Und dass die Bekämpfung einer „spießigen Moral“ eben auch ein individuelleres, teils würdeloseres Verhalten begünstigt, ist ebenfalls eine Beobachtung, die sich beim Vergleich von Filmen vor und nach den 1960ern aufdrängt. Dabei übersieht man leicht, dass ein Film wie „Das Haus auf dem Geisterhügel“ (1959) in seiner Zeit recht krasser Scheiß war und versuchte, die Leute vom damals immer populärer werdenden TV wieder in die Kinos zu locken (unter anderem eben auch mit dem „Emergo“-Gimmick).


Eine weitere Beobachtung betrifft die Darstellung von Frauen. Original wie Remake sind von einem „male gaze“ bestimmt. Aber was Ende der 1950er als selbstbewusste Frau galt, entspricht nicht ganz dem, was man sich Ende der 1990er darunter vorstellte. Im Remake kann die weibliche Heldin nicht nur einen Stromkreis wiederherstellen, sondern auch einen Mann erschießen. In den 1950ern wäre beides als ausgesprochen unfeminin wahrgenommen worden.


Natürlich haben sich unsere Sehgewohnheiten nicht nur wegen gesellschaftlichen, sondern auch wegen technologischen Entwicklungen verändert. Mit anderen Kameras lassen sich andere Bilder erzeugen. Computer generieren je nach Rechenleistung oder auch nur bloßer Existenz andere Effekte. Das Aufkommen von Musikvideos veränderte vor allem in den 1990ern auch die Kinofilme, so wie früher das TV und heute das Smartphone die Sehgewohnheiten und somit auch die Produktion von Kinofilmen beeinflusste. Vor allem in Sachen Tempo. Denn vieles, was früher rasch und effektvoll gewirkt haben dürfte, erscheint einem heutigen Publikum langsam und effektarm.
Zum Schluss hier also noch ein interessanter Diskussionsstrang zum Thema „veränderte Sehgewohnheiten in den letzten Jahrzehnten“.

 

 

 

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